„Konzentriere Dich nicht auf die Krankheit,
konzentriere Dich auf den Menschen“
Gespräch mit Prof. Raimund Jakesz
„Krebs ist ein Lernprozess, den die Seele selbst uns sendet“, so lautete eine der zentralen Thesen, die Prof. Jakesz nach langer ärztlicher Tätigkeit und Auseinandersetzung mit dieser Frage entwickelt hat. In einem Gespräch mit Innenweltreisen macht er die Konsequenzen deutlich, die sich aus seinem Ansatz ergeben. Gegen den vorherrschenden Trend der Schulmedizin, rückt er den Mensch als einen ganzheitlich wirkenden Organismus in den Mittelpunkt seines Bemühens. Er macht deutlich, dass alle Ebenen menschlichen Daseins an der Entstehung einer Krankheit beteiligt sind und demzufolge im Heilungsprozess auch berücksichtigt werden müssen. Dabei plädiert er leidenschaftlich für eine Synergie der verschiedenen therapeutischen Ansätze und Methoden und rückt dadurch die Frage nach einer Bewusstwerdung um Krankheitshintergründe und die gegenseitige Bereicherung unterschiedlicher Sichtweisen zum Wohl des erkrankten Menschen in den Mittelpunkt seiner Überlegungen.
Wir würden gerne mehr über Ihre Sicht von Brustkrebs hören, die Sie in den langen Jahren Ihrer Tätigkeit als Arzt und Chirurg entwickelt haben.
Zu Beginn habe ich den Brustkrebs als eine somatische Erkrankung eingeordnet.
Also als eine Krankheit, die in der Brust entsteht, dort ist sie beheimatet,
dort kann ich sie wegoperieren, wegbestrahlen und wegchemotherapieren und sonstige
Therapien machen. Und erst schrittweise bin ich mir dessen bewusst geworden
und sage das auch schon seit vielen Jahren, dass wahrscheinlich jede Krankheit
– mit Sicherheit aber Brustkrebs - ein Symptom ist, aber keine Krankheit
per se. D.h. diese Krankheit hat andere Ursachen und diese liegen nur sehr selten
auf körperlichem Gebiet. Zu nennen wäre hier die etwa 5% aller Patientinnen
betreffende genetisch bedingte Krebsform, bei der ein sog. Tumorsuppressorgen,
d.h. ein Tumorunterdrückungsgen verändert ist. Ich würde die
rein körperlichen Ursachen vielleicht einmal auf 10% aller Fälle ansetzen.
Es bleibt also das „gros“ der Patientinnen, die ihre Krebserkrankung
aufgrund anderer Ursachen, ganz grob gesagt: nicht aus in der Materie sondern
im Geistigen bedingten Gründen, bekommen. Am Ende eines Gespräches
sage ich oft: „Brustkrebs ist eine Gnade“. Wenn man das am Anfang
eines Gespräches sagen würde, würde eine Patientin diesem Gedanken
kaum folgen können.
Ich bin jedoch im Zuge meiner persönlichen Entwicklung, die mich zu der
Beschäftigung mit diesen Dingen veranlasst hat, zu der Meinung gelangt
, dass Krebs einen Lernprozess darstellt, den uns unsere Seele selbst sendet.
Die Seele spricht kontinuierlich mit uns, aber so leise, dass wir sie üblicherweise
schwer verstehen, es sei denn wir nehmen unsere gesamte Aufmerksamkeit und wollen
mit unserer Seele in einen Dialog eintreten. Das tun wir allerdings sehr selten,
weil unser Leben andere so„wichtige“ Aufgaben hat und ich spreche
hier von den Dingen, die wir im Äußeren wichtig nehmen und dadurch
bleibt für das Innere wenig übrig.
Wenn jetzt schwere und kontinuierliche, manchmal in der Kindheit oder im früheren
Leben begründete Traumen einander so potenzieren, dass die Seele einen
Aufschrei machen muss, dann entsteht eine Krankheit. Die Frage, welche Krankheit
im einzelnen entsteht, ist in der einschlägigen Literatur ausreichend dokumentiert,
in der nachzulesen ist, wo psychische Symptome eine sichere körperliche
Realisierung, eine Materialisation suchen.
Über Jahre hinausgehende Traumatisierungen bilden bei Brustkrebs meiner
Ansicht nach in erster Linie den Hintergrund. In unserer Gesellschaft sind Frauen
häufig in einer Situation, in der sie in erster Linie zu funktionieren
haben. Dadurch entsteht eine enorme Druckerhöhung in dem Leben von vielen
Frauen. Natürlich auch, weil die Frau ihre Aufgabe oft im Äußeren
sucht, aber auch suchen muß. Das sind Dinge, die gemäß dem
Prinzip „wie außen so innen“ im Äußeren eine Druckerhöhung
provozieren, die im Inneren durchaus nachvollzogen wird – auch wenn die
freie Willensentscheidung hierbei eine Rolle spielt. Und wenn das so weit geht,
dass nicht einmal mehr Zeit für das Notwendigste ist und man eine Frau
sieht, die eigentlich trotz aller Be-mühungen, die sie macht, noch immer
zu wenig leistet, dann dürfte es zu entsprechenden Reaktionen in der Seele
dieser Frau kommen.
So entsteht als nicht schuldhafte Reaktion auf das Leben eine Erkrankung, und
bei Frauen ist es häufig Brustkrebs. Wenn eine Patientin die Ursachen der
Krebserkrankung erkannt hat und auch weiß, dass der Krebs kein Zufall
ist, sondern dass er eine Reaktion und ein Lernprozess ist, den wir uns selber
senden, dann ist ein wesentlicher Schritt getan. Wenn eine Patientin versteht
und akzeptiert, dass die primäre Ursache im Geistigen liegt, im Emotionellen,
im Spirituellen, vielleicht auch im Mentalen - das sind ja überlappende
Kreise, die gar nicht so leicht auseinanderzuhalten sind - dann ist es möglich,
in eine sog. geistige Therapie einzutreten.Die Neue Medizin von Dr. G. Hamer
fokussiert gerade auf diesen physischen Hintergrund von Erkrankungen. Wie beurteilen
Sie seinen Ansatz und worin bestehen demgegenüber Ihre eigenen therapeutischen
Schritte?
Es gibt bezüglich der Abfolge von Therapieprinzipien meiner Ansicht nach
drei verschiedene Möglichkeiten: Entweder es gibt Ärzte und Patienten,
die den geistigen Weg völlig ablehnen. Es gibt zweitens Heiler, oder solche,
die es gern wären oder die glauben, dass sie es sind, die diesen körperlichen
Prozeß hinsichtlich Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie usw. –
so wie Hamer das tut – völlig ablehnen. Und es gibt solche, die einen
Mittelweg für sich nehmen und ich nehme ihn auch. Ich möchte dies
näher begründen.
Ich glaube aus meiner Erfahrung he-raus, dass es nicht möglich ist vorherzusehen,
ob ein Mensch in der Lage ist, in diesen Selbstheilungsprozess wirklich einzutreten
- und das Eintreten alleine genügt nicht - sondern diesen Selbstheilungsprozess
bis zur Heilung, bis zur psychischen Heilung, zur emotionalen Heilung, zur seelischen
Heilung durchzuhalten und durchzumachen. Ich glaube nicht, dass man von vornherein
sagen kann: „Sie können diesen Selbstheilungsprozess erfolgreich
durchführen, da kann ich auf die Operation verzichten“.Es ist für
mich überhaupt keine Frage, dass man Krebs geistig heilen kann oder könnte,
wenn für den Betroffenen, der sich selbst heilen will, optimale Bedingungen
gegeben sind. Und es ist sehr die Frage, wie oft und in welchem Prozentsatz
sind diese Bedingungen gegeben? Wenn ein Mensch möglicherweise so weit
ist, dass er in seinem Bewusstsein so spirituell oder so geöffnet ist,
dass er sich selbst heilen kann, dann glaube ich, dass solche Menschen Krebs
nicht bekommen, weil sie diesen „Lernprozess Krebs“ wahrscheinlich
nicht benötigen, weil sie in ihrem Lernprozess selber fortgeschritten sind.
Erörtern Sie diese Fragen auch im Gespräch
mit Ihren Patientinnen?
Ich beginne das Gespräch mit meinen Patientinnen über diese Fragen
täglich und ich tue das gerne, denn ich sehe es als eine meiner wesentlichen
Aufgaben an. Ich glaube es ist eine wichtige Aufgabe, mit einer Patientin eine
solche Bewusstseinserweiterung zu beginnen und diese Türe aufzustossen
und sie mit diesem Wissen auf den ihr eigenen Weg zu bringen.
Aber es ist meiner Ansicht nach nicht entscheidend, dass wir sensationelle Heilerfolge
haben, weil wir sie wahrscheinlich nicht vorhersagen können. Es gibt Spontanheilungen,
die auf dieser Ebene passieren. Nur wird es bei vielen oder bei manchen nicht
funktionieren. Ich würde mich sehr sorgen, diesen Patientinnen zu schaden
und es ist völlig irrelevant, ob man jetzt den Heilungsprozeß der
Seele beginnt vor einer Operation, nach einer Operation oder mit einem gerade
beginnenden Brustkrebs.
Der Punkt ist für mich, dass man diesen Betroffenen im Rahmen des menschlichen
Mitgefühls erklärt, welche Bedeutung im Leben eines Betroffenen oder
einer Betroffenen Krebs haben kann. Und dass man dann die Entscheidung, sich
auf einen geistigen Weg zu begeben, diesen Menschen überlässt. Anders
geht es ja wohl nicht: im Rah-men des freien Willens soll diese Betroffene das
akzeptieren oder auch nicht, es ist nicht meine Entscheidung. Aber ich glaube,
man kann durch schulmedizinische Maßnahmen den Raum eröffnen, um
diesen Prozess, sich mit dem Inneren, mit den Traumen, den Verwundungen und
Verletzungen, mit den Kindheitserfahrungen auseinanderzusetzen, dann auch einzuleiten.
Also wenn man schulmedzinische Maßnahmen ergreift, so gibt man einer Patientin
genügend zeitlichen Spielraum, in dem sie in ihre Selbstheilung eintreten
kann und sie jetzt nicht unter dem Druck ist zu sagen, ich muß jetzt,
sonst gerät mein Krebs außer Kontrolle und wächst und wächst.
Und ich schaffe es noch immer nicht und ich weiß noch immer nicht, was
war in meiner Kindheit oder wie komme ich aus diesem Druck hinaus?
Deswegen meine ich, ist für mich der Weg von Hamer eigentlich nicht der
richtige. Ich glaube, dass ein Teil dessen, was er sagt, sich durchaus mit dem
deckt, was viele andere sagen. Aber ich glaube, er hat einen Absolutheitsanspruch,
der genauso dogmatisch ist wie die Schulmedizin dogmatisch sein kann. Und beide
dieser Dogmen stehen am Rand. Der eine sagt, die Schulmedizin, die gesamte körperliche
Therapie ist sinnlos, es genügt und es funktioniert eine geistige Heilung
und der andere und viele Schulmediziner vertreten das andere Extrem: Geistig
bei Krebs, was soll das sein? Es ist eine Krankheit, die schneide ich raus,
dann bestrahle ich und dann gebe ich eine Chemotherapie und dann ist die Patientin
gesund. Meiner Meinung nach ist die Synthese dieser beiden Erfahrungen für
einen erkrankten Menschen der beste Weg.
Ich habe kürzlich folgende Begebenheit gehabt, die das eigentlich sehr
gut schildert. Ich hatte vor geraumer Zeit eine Patientin mit einem fortgeschrittenen
Brustkrebs und einem Befall der Lymphknoten. Und ich fühlte mich zu dieser
Patientin in meinem Wunsch, ihr zu helfen, wieder gesund zu werden, sehr hingezogen.
Diese Patientin machte dann eine Chemotherapie und ich bin sofort in einen Dialog
mit ihr eingetreten. Ich habe versucht, sie intensiv zu beraten. Von Anfang
an habe ich ihr gesagt, dass sie sich jetzt nicht auf ihren Brustkrebs, sondern
auf ihre Seele konzentrieren soll und ich kümmere mich um ihren Brustkrebs.
Nach etwa 6 Monaten waren wir sehr gut vorangekommen und sie hat weitere spirituelle
Hilfe in Anspruch genommen.
Dass eine solche Frau auf einem ausschließlich spirituellen Weg ihre Krankheit
in den Griff bekommen kann, wo sie dem Begriff Spiritualität offenbar das
erste Mal begegnete, als ich mit ihr zu sprechen begann, das halte ich für
wenig wahrscheinlich. Es war mit der Gabe einer wirklich hochdosierten Chemotherapie,
die auch entsprechende Nebenwirkungen hatte, gerade möglich, sie in einen
gut operablen Zustand zu bringen und deswegen meine ich, ist eine Synthese zwischen
dem, was wir bisher gemacht haben – schulmedizinisch – und einer
intensiven Selbstheilung, einer unterstützten Selbstheilung, sinnvoll.
Ich meine zusammenfassend, dass es absolut notwendig ist, dass ein Mensch sich
seelisch heilen muss, die Ursachen erkennen muss, an diesen Ursachen arbeiten
muss. Wenn er die zugrunde liegenden Wurzeln für seine Erkrankung erkennt,
ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Erkrankung nachhaltig positiv beeinflusst
wird.
Die Synergetik-Therapie geht von einer Synchronizität
der Vorgänge auf emotionaler, körperlicher, geistiger und auch spiritueller
Ebene aus. Wie schätzen Sie dieses Verfahren ein?
Natürlich ist es im Rahmen der Quantenphysik und seitdem man die Quantenphysik
kennt, vollkommen klar, dass auch die Emotion einen somatischen Ausdruck besitzt,
wenn wir ihn auch nicht erkennen. Natürlich spielt sich alles auch auf
materieller Basis ab, aber Materie und Geist sind ja vollkommen austauschbar.
Es gibt nicht Geist und Materie parallel, sondern sie sind letzt-endlich eines
und wenn man hinschaut, wenn man die Aufmerksamkeit auf einen Prozess lenkt,
der jetzt in der Umwandlung von Materie auf Geist beruht, dann ist es immer
die Frage, was ich sehen will und was ich untersuchen will. Wenn ich einen geistigen
Prozess, einen energetischen Prozess nachweisen will, dann kann ich das natürlich
machen, aber es kommt auf meine Beo-bachtung an. Energie und Materie sind beliebig
austauschbar. Und nachdem Materie und Geist beliebig austauschbar sind, ist
es auch letztendlich nicht wichtig, ob man einen wenig mehr körperlichen
oder wenig mehr geistigen Ansatz für sich definiert. Das ist nur eine Sicht
der Dinge. Letztendlich ist es irrelevant und letztendlich muss man sehen, dass
eine Krankheit nicht auf dem Körperlichen, sondern im Geistigen beruht
und daher muss man sich – wie innen so außen – dem auch im
Seelischen nähern.
Was mich an der Synergetik besonders beeindruckt ist, dass man offenbar durch
diesen Weg in das Chaos, auch in das körperliche Chaos bei dem Lösungsprozess,
dass man durch das Durchgehen durch das Chaos in eine neue Ordnung kommt. Und
diese Neuordnung stellt sich auch glücklicherweise ein, ohne dass man es
so genau beschreiben kann, wie diese neue Ordnung entsteht und warum und ob
man das beeinflussen kann. Tatsache ist, dass wenn man durch einen solchen Prozess
geht und man den Weg durch das Chaos in eine neue Ordnung geht, dass es einem
in der neuen Ordnung besser geht. Und das ist glaube ich das Entscheidende.
Und ob das wirklich in dieser spezifischen Situation und zu welchem Zeitpunkt
zu der Heilung einer Erkrankung führt, hängt wahrscheinlich davon
ab, wie gut jemand diesen Prozess durchläuft und wie gut er in sein ganz
Inneres hineingeht und wenn da viele Prozesse nebeneinander laufen, so kann
das auch mal ein Jahr dauern. Und wenn diese Frau in diesem Jahr nicht in der
Lage ist, sich all diesen Dingen so zu nähern, dann ist der Krebs eben
größer. Wenn ein Thema aber so schnell nicht geklärt werden
kann, dann meine ich, ist der parallele Weg der sicherste.
Aus Ihren Worten wird deutlich, dass Sie um ein
Höchstmaß an Verantwortlichkeit gegenüber ihren Patientinnen
bemüht sind, diese aber auch eine Eigenleistung erbringen müssen.
Welche Erfahrungen haben Sie in diesem Bereich gemacht?
Ich möchte Ihre Frage mit zwei Beispielen aus der Praxis beantworten. Auch
ich verliere Patientinnen, bei denen ich mir außerordentlich viel Mühe
gegeben habe. Ein Beispiel: Eine Patientin hatte Krebs, es war eine völlig
klare Diagnose, aber sie hat es von Anfang an eigentlich verneint, negiert,
nicht wahrhaben wollen. Ich habe mehrmals mit ihr gesprochen, habe ihr dann
eine Diagnose gestellt, sie zur Chemotherapie geschickt und habe ihr gesagt,
und zwar sehr eindringlich, dass das ein Symptom ist, dass sie in ihre Verantwortung
für ihre Selbstheilung treten und für ihre Heilung etwas tun muß.
Diese Patientin war dem ganz abgeneigt, sowohl der körperlichen Therapie
als auch der seelischen Therapie. Sie hat den Weg nicht beschritten, den ich
ihr vorgeschlagen habe und ich weiß nicht , was mit ihr passiert ist.
Ich habe des weiteren ganz kürzlich eine Patientin operiert mit folgender
Vorgeschichte: sie hat einen dominanten Mann, sie selbst ist eine zarte Person,
die aufgeht in allem - nur nicht in sich selbst. Sie verfügt über
wenig Selbstvertrauen und der Mann, der zu den Gesprächen mitkommt, ist
zwar sehr nett zu ihr, aber dominant und die Patientin ist in ihrem Selbstwertgefühl
wenig ausgeprägt. Die Patientin hatte ausgedehnte Lymphknotenmetastasen
von einem nicht nachweisbaren kleinen Brustkrebs, der ist offenbar einen Millimeter
groß. Es hat in dieser Situation gar keinen Sinn, die Brust zu operieren.
Also habe ich die Lymphknotenmetastasen entfernt und bin dann mit ihr in einen
Dialog eingetreten. Und ich habe ein wenig forciert - es waren zwei, drei intensive
Gespräche, so gut ich es eben kann und ich habe gesagt: „Gnädige
Frau, Sie selbst müssen Verantwortung tragen“. Daraufhin fragt sie
mich: „Wieso ich? Sie haben doch für mich die Verantwortung, wollen
Sie sich vielleicht aus Ihrer Verantwortung stehlen?“ Meine Antwort war:
„Ich bin ganz enttäuscht, dass Sie das sagen, mache ich den Eindruck,
als ob ich mich aus meiner Verantwortung stehlen will? Aber Sie haben die Verantwortung
für sich, es ist Ihre Erkrankung, es ist nicht meine Erkrankung. Sie müssen
sich um Ihre kümmern, das heißt ja nicht, dass ich Sie alleine lasse!
Aber das heißt, dass ich meinen Teil tun muss, aber ohne, dass Sie Ihren
Teil für Ihre Gesundheit tun, kann ich Nichts!“Angesichts der gegenwärtigen
gesamtgesellschaftlichen Situation, was ist Ihre Vision von einem Gesundheitswesen,
dass Ihren Vorstellungen entspricht?
Meine Vision wäre zweifelsohne, dass man Krankheiten nicht mehr nur auf
einer körperlichen Ebene betrachten und heilen soll. Mehr und mehr gelingt
es mir, wie z.B. gestern während einer Tagung, dass ich aufgrund von glücklichen
Umständen - weil der Computer ausfällt – über diese Fragen
sprechen kann. Und ich habe diese Zeit auch genutzt und habe über die Aspekte,
die wir hier erörtert haben, einen kurzen Abriss gegeben.
Danach ist ein Kollege auf mich zugekommen und hat gesagt: „Sie haben
mir aus der Seele gesprochen, ich habe Prostatakrebs und ich bin Strahlentherapeut
und seitdem ich diese Krankheit habe, betrachte ich eigentlich meine Patienten
anders“. Er beschäftigt sich offenbar strahlentherapeutisch sehr
in-tensiv mit dem Prostatakarzinom und er sagte weiter: „Es sind eigentlich
jetzt nicht mehr Patienten, es sind eigentlich meine Brüder“. Ich
habe ihn umarmt, weil es mich sehr berührt hat und weil ich mir dachte,
es ist eigentlich eine tolle Erkenntnis. Er ist über den Weg der Erkrankung
in eine Bewusstseinerweiterung eingetreten und hat dadurch nachhaltig seinen
eigenen medizinischen Therapieprozess geändert. Ich will damit nicht sagen,
dass jeder Arzt unbedingt eine Krebserkrankung bekommen muß, um diesen
Weg nachvollziehen zu können.
Aber wann immer ich die Gelegenheit habe, das anzusprechen, tue ich das. Nehmen
wir uns Zeit für die Patienten, gehen wir auf ihre psychische Situation
ein, versuchen wir, den Menschen als Ganzes zu sehen. Ich habe ein sehr schönes
Dia-Positiv, das ich sehr häufig zeige, das ist eine Seerose, eine strahlende
Seerose, und da steht: „don’t focus on the disease, focus on the
human being“ Konzentriere Dich nicht auf die Erkrankung, konzentriere
Dich auf den Menschen. Ich glaube, es wird im Zuge dieser sich verändernden
energetischen Bedingungen sicher möglich sein, dass es hier zu einem nachhaltigen
Umdenken kommt.
Kürzlich habe vor etwa 200 Studenten eine Vorlesung gehalten, die sich
ausschließlich mit dem hier Gesagten beschäftigte. Ich habe den Studenten
gesagt: „Ihr braucht nicht mitschreiben, Ihr könnt Euch zurücklehnen
und braucht gar nichts machen – nur hört zu mit Eurem Herzen“.
Diese Studenten sind 19 Jahre alt, zu denen hat überhaupt noch nie ein
Professor so gesprochen. Die kennen das gar nicht, die sind im ersten Semester,
die haben überhaupt keine Ahnung von der Medizin. Und sie waren mit ihrer
Aufmerksamkeit dabei - ich habe eine Stunde Vorlesung gehalten und es war mir
zumindest einmal möglich, sie mit diesen Vorstellungen zu konfrontieren
und zu versuchen, eine Saat zu säen.
Meine Vision ist es, dass man diese Entwicklung schrittweise, nicht im Sinne
eines Absolutheitsanspruchs für einen Teil, sondern im Sinne einer Synergie
zwischen den verschiedenen Ansätzen vorantreibt.
Es gibt für mich immer wieder die Möglichkeit, solche Fragen im Rahmen
meiner Vortragstätigkeit, die ja sehr extensiv ist, anzusprechen. Ich tue
das nicht penetrant, ich tue es nicht so, dass ich jetzt alles andere negiere
und mich ausschließlich darauf konzentriere, sondern das Feld muss langsam
und sehr vorsichtig bereinigt und bereitet werden. Wenn Mehrere oder Viele das
schrittweise für sich akzeptieren – und wenn das mehr und mehr werden,
kann man der Sache sehr viel Gutes tun. Gesamt gesehen ist der Ansatz von Dr.
Hamer letztlich kein gangbarer Weg. Es ist auch der ausschließlich schulmedizinische
Weg kein gangbarer Weg. Und daher muss man hier eine gewisse Synergie schaffen,
die ist in der Mitte und es ist wichtig, an diesem Punkt in wissenschaftliche
Fragestellungen einzutreten.
Aber das ist alles ein jahrelanges Programm. Und ich beteilige mich daran, weil
es mich auch freut und es ist nicht so, dass ich etwas Theoretisches erzähle,
was ich nicht selber in der Praxis durchführe. Wir bewegen uns unter Umständen
auch auf Ebenen, die man gar nicht anspricht, in denen z.B. auch eine emotionelle
Bindung an den Therapeuten zu einer solchen Umstellung des Inneren einer betroffenen
Patientin führt, dass das offenbar völlig ausreicht. Es gibt da wahrscheinlich
so viele Nuancen, je nachdem, wie verwundet ein Mensch ist und wo jetzt die
Verwundungen liegen. Ich habe in dieser Richtung viele Erfahrungen gemacht,
die mich zutiefst berührt haben.
Prof.
Dr.Raimund Jakesz ist Leiter der Klinischen Abteilung für Allgemeinchirurgie
an der Universitätsklinik für Chirurgie Wien. Einer seiner Schwerpunkte
ist die Behandlung von Patientinnen, die an Brustkrebs erkrankt sind. Neben
seiner ärztlichen Tätigkeit ist er als außerordentlicher Universitätsprofessor
in der Lehre tätig und leitet zahlreiche Forschungsprojekte an. Als Präsident
der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie und Mitglied in zahlreichen
weiteren Vereinigungen wie u.a. der Deutschen Krebsgesellschaft, wird er häufig
gerade in Fragen der Ethik zum Gutachter berufen.. Seine internationale wissenschaftliche
Vortragstätigkeit führt ihn über den europäischen Raum hinaus
in die USA und in die asiatischen Länder.
In all seinen Tätigkeitsfeldern nutzt er seine Möglichkeiten und auch
seine Renomee als international anerkannte Kapazität, um für den Gedanken
einer ganzheitlichen Medizin einzutreten.